Denn dieses Gefühl ist keine Ware! Wahre Liebe …

Millionen Definitionen kannst Du finden, wenn Du fragst, was das denn genau ist: wahre Liebe. Und all diese schwirrenden Spezifizierungen hören sich so klar, so furchtbar wichtig und richtig an.

Die Top 10 der „Liebes“-Erklärungen:
Wahre Liebe…

• ist niemals auf den eigenen Vorteil aus.
  
• rechnet nicht nach und nicht auf.
  
• ist achtsam und aufmerksam.
  
• zeigt sich beim und durch guten Sex.
  
• hat keine Erwartungen oder Forderungen.
  
• ist immer langmütig und duldsam.
  
• verzeiht und vergibt vollkommen.
  
• ist großherzig und großzügig.
  
• nimmt Dich so wie Du bist, will nicht verändern.
  
• verbindet Körper und Seele.
  

Du denkst über diese 10 und die anderen Millionen Definitionen wirklich angestrengt und tiefgründig nach. Und dann, bei genauem Hinsehen, musst Du resigniert feststellen: Das sind doch alles hohle Worte, leere Schablonen, luftiges, nichtssagendes Blah-Blah.

Großonkel und -tante wussten genau, was wahre Liebe ist

Jonathan hieß der Großonkel. Auf seiner goldenen Hochzeit, also nach 50 Ehejahren, hielt er die Rede, die alles genau erklärte:

„Wir haben so viele Jahre glücklich miteinander gelebt. Und das Geheimnis unserer langanhaltenden wahren Liebe gebe ich heute preis. Es ist ein ganz einfaches Prinzip: Immer wenn in unserem gemeinsamen Leben etwas sehr Wichtiges zu entscheiden war, habe ICH entschieden. Immer wenn dagegen etwas Unwichtiges zu entscheiden war, hat das die Elke (das ist die Ehefrau und Großtante) entschieden!

Und wenn ich mich jetzt an all die 50 Jahre zurückerinnere: Es hat nie etwas sehr Wichtiges gegeben, das ich hätte entscheiden müssen!“

Lach’ nicht! Denn für die beiden, Jonathan und Elke, ist das die wirkliche, wahrhaftige, wahre Liebe gewesen.

Alice, die auch auf der Goldhochzeit anwesend war, musste heftig den Kopf schütteln, als sie die Rede hörte. Ostentativ gab sie zu verstehen, dass sie diese Erklärung (warum auch immer, dachte sie dabei einen Sekundenbruchteil an ihre Steuererklärung) von „wahre Liebe“, für völlig falsch und obendrein für frauenfeindlich hielte.

Unwahre Liebe – gibt es das?

Du erkennst: schon dieses Wortpaar „wahre Liebe“ ist Schmonzes! Was wäre denn der Unterschied zwischen „wahrer Liebe“ und „Liebe“?

Es verhält sich mit „wahrer Liebe“ genauso, wie mit „weißer Schimmel“, „manuelle Handarbeit“ oder „tote Leiche“ – es ist einfach pleonastischer Unsinn. Und überhaupt, wenn es die „wahre Liebe“ gäbe, müsste es ja auch die „unwahre Liebe“ geben.

Für Liebe aber gibt es Milliarden Definitionen. Denn jeder Mensch hat seine ganz eigene. Eine, die nicht mit schnöden Worten oder süßen Klängen ausgedrückt werden kann. Aber diese Liebe kommt ohne jedes Beiwort aus. Sie ist Realität, weil Du sie fühlst.

Aha, denkt sich nun der Schlauberger, dann müsste das Wortpaar eigentlich „gefühlte Liebe“ und uneigentlich „ungefühlte Liebe“ heißen…!

Aber das ist dann Stoff für einen anderen Text.